Was es mit dem Wochenbett auf sich hat und warum es sich lohnt nach der Geburt eine Pause einzulegen, erklärt Hebamme Lisi Sobotta.
Das Wochenbett – lästig oder notwendig?
„Was bedeutet eigentlich Wochenbett?“, wurde ich schon häufiger von werdenden Müttern gefragt. „Ist das wirklich so wichtig?“
Auch ich habe mich bei meiner ersten Schwangerschaft gefragt, ob das notwendig sei, denn nichtsahnend, wie ich war, wollte ich direkt nach der Geburt die Welt erobern und empfand Pausen als absolut überflüssig. Ich muss hier ja nicht betonen, dass meine Vorstellungen absurd waren und ich relativ schnell eines Besseren belehrt wurde.
Die Schwangerschaft, die mit der Geburt beendet ist, ist ein prägendes Ereignis für jede Frau. Körperlich und seelisch gibt es eine Menge zu verarbeiten.
Mit der Geburt der Plazenta beginnt das Wochenbett offiziell. Auch die Behandlung von eventuellen Geburtsverletzungen gehört in diese Phase.
Im alten Ägypten stand der Uterus für das Wort „Menschen-Mutter“. Die letzten Kontraktionen der Gebärmutter stoßen die Plazenta ab, womit es zur abrupten Hormonumstellung kommt und die Rückbildungsprozesse in Gang gesetzt werden. Das Wochenbett wird in Früh- und Spätwochenbett unterteilt. Wobei die ersten zehn Tage das Frühwochenbett darstellen und die Phase danach (8-12 Wochen) als Wochenbett definiert werden.
Was wir Mütter uns vor Augen halten sollten, ist die Tatsache, dass die Geburt der Plazenta eine große Wunde (bis zu 10 cm Durchmesser) im Uterus hinterlässt. Genaugenommen handelt es sich hierbei um eine große Verletzung, welche ausheilen muss. Versteht sich von selbst, dass es sich da lohnt, vorerst zu ruhen.
Früh- und Spätwochenbett
In der Frühwochenbettphase bis zum zehnten Tag postnatal sollen die Geburtsverletzungen abheilen, die Milchbildung wird in Gang gesetzt und das Stillen und der enge Körperkontakt fördern die Mutter-Kind-Bindung.
Der abrupte Hormonumschwung führt bei einigen Frauen zu starken Stimmungsschwankungen und betrifft ca. 70 % der Betroffenen. Der sogenannte Baby Blues tritt häufig zwischen dem dritten und sechsten Tag ein und sorgt für eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Es kommt zum Abfall des Östrogenspiegels, des HCG (Human Growth Hormone) und des PLH (Humanes Plazenta Laktogen). Prolaktin und Oxcytocin steigen an und sorgen u. a. dafür, dass die Milchproduktion angeregt wird.
Das Wort Bett impliziert bereits, dass sich die junge Mutter anfangs vorwiegend in der Horizontalen aufhalten sollte, um den Beckenboden zu schonen. Um den Abfluss des Wochenflusses zu unterstützen, kannst du dich mehrmals täglich bis zu 30 Minuten bäuchlings auf ein dickes Kissen legen und den Uterus so in seine natürliche Position bringen.
Durch die überdehnten Bauchmuskeln und den jetzt kleineren Uterus hat deine Blase sehr viel Platz. Es kann durchaus sein, dass du gar nicht merkst, wenn du auf die Toilette musst. Um das zu vermeiden, setze dir anfangs Zeiten, an denen du das Wasserlassen einplanst.
Auch eine ausreichende Menge an Flüssigkeit ist wichtig für deinen Körper und die Milchbildung. Trinke z. B. vor und nach jedem Stillen ein großes Glas Wasser.
Essen ist ebenso wichtig. Hormonell gesehen, befinden wir Mütter uns in der Verliebtheitsphase. Das bedeutet, dass wir nur wenig Appetit haben und der Hunger ausbleibt.
Im Spätwochenbett, das direkt an das Frühwochenbett anschließt, begibt sich der Körper langsam wieder in den nichtschwangeren Zustand. Mit dem Eintreten der ersten Regel ist das Wochenbett offiziell beendet. Was aber nicht bedeutet, dass der Körper den Zustand vor der Geburt wiedererlangt hat. Ein Sprichwort besagt, dass es neun Monate bis zur Geburt dauert und auch neun Monate wieder zurück zum alten Körper. Wobei es auch hier Unterschiede gibt und es durchaus länger dauern kann, bis der Körper annähernd seine alte Form zurückgewonnen hat.
Sport im Frühwochenbett – ein bisschen Gymnastik wird jawohl nicht so schlimm sein
Ein bisschen ist ein dehnbarer Begriff. Wenn man bedenkt, dass bei einer natürlichen Geburt der Beckenboden maximal gedehnt wird und bei einem Kaiserschnitt die Bauchdecke und der Uterus durchtrennt werden, macht es Sinn, sich von diesen Belastungen zu erholen und neue körperliche Belastungen für längere Zeit auf das Gewicht des Babies zu beschränken.
Die veränderte Körperstatik, das noch weiche Gewebe und der stark beanspruchte Beckenboden bzw. die noch frische Kaiserschnittnarbe schließen eine sportliche Betätigung im Frühwochenbett aus.
Es ist allerdings ratsam – wenn du dich nach der Geburt gut fühlst –Sanftes Fersenheben zur Thromboseprophylaxe zu machen und mit der bewussten Atmung zu beginnen. Durch das wachsende Baby im Bauch ist die Atmung ab Mitte der Schwangerschaft eingeschränkt gewesen und die Hauptatemmuskeln konnten nur eingeschränkt tätig sein.
Atme in den hinteren unteren Brustkorb, um diesen in alle Richtungen zu weiten und alle Atemmuskeln anzuregen. Da deine Atmung in direkter Verbindung zu deinem Beckenboden steht, wird dieser durch die dreidimensionale Atmung aktiviert, durchblutet und er nimmt nach und nach wieder seine Arbeit auf. Ebenso sind Beckenbodenwahrnehmungsübungen im Frühwochenbett erlaubt. Auch wenn du anfangs vielleicht nichts oder nur wenig spürst, ist deine Arbeit nicht vergebens. Hier heißt es geduldig sein und annehmen, was kommt. Übertriebener Ehrgeiz ist fehl am Platz, wirkt sich kontraproduktiv auf die Genesung aus und kann zu bleibenden Schäden führen.
Erst mit dem Ende der Wochenbettphase ist dein Körper bereit für den Rückbildungskurs.
Weitere Informationen zum Wochenbett bekommst du im Video auf der The Center Hebammensprechstunde mit Lisi Sobotta.